Stolz und Vorurteil und Zombies: Zwischen Liebenden und Untoten

Stolz und Vorurteil und Zombies ist ein Film von Burr Steers, der die Welt des Klassikers von Jane Austen mit einer Untoten-Invasion vermischt. Ob das gut gehen kann?

Bei dem Film Stolz und Vorurteil und Zombies handelt es sich um eine Adaption des gleichnamigen Buches von Seth Grahame-Smith. Dieses wurde 2009 veröffentlicht und entwickelte sich zu einem Bestseller. Vorlage für dieses Werk ist natürlich Jane Austens Klassiker Stolz und Vorurteil. Vom gleichen Autor stammt auch Abraham Lincoln: Vampire Hunter, der ebenfalls verfilmt wurde. Grahame-Smith scheint also ein Faible für die Vermischung von historischen beziehungsweise klassischen und in der Popkultur angesagten Themen zu haben.

Die Handlung

Das Aufeinandertreffen der Welt von Jane Austen mit der von Untoten macht sich natürlich im Plot bemerkbar. Zwar verläuft dieser recht nah am Ausgangswerk, doch diese Neuinterpretation muss natürlich den Zombie-Aspekt beachten und einarbeiten. England wird im 19. Jahrhundert von Untoten überrannt. Doch das Leben muss weitergehen und so lebt die Familie Bennett geschützt in dem Bereich Londons, der von den Zombies abgetrennt ist. Elizabeth, eine von fünf Töchtern von Mr. und Mrs. Bennet, steht wie auch bei Jane Austen im Mittelpunkt der Geschichte, sie ist unsere Protagonistin. Ihr folgen wir auf der Suche nach Liebe… und im Kampf gegen die Untoten.

Die Figuren

In der Neuinterpretation von Steers und Grahame-Smith sind vor allem die Figuren überzeugend. Das liegt aber auch schlicht daran, dass diese meist 1:1 aus der Jane Austen-Vorlage übernommen wurden. Mrs. Bennet (Sally Phillips) will ihre Töchter unbedingt an einen vermögenden Mann verheiraten, Jane (Bella Heathcote) ist süß und schüchtern, Elizabeth (Lily James) wild und eigensinnig. Einziger eklatanter Unterschied zum Ausgangswerk ist, dass die Schwestern auf Drängen des besorgten Vaters eine Ausbildung in Kampfkunst in Japan genossen haben – wie dies möglich ist, wenn England von Untoten überrannt ist, sei dahin gestellt. Diese “Zusatzausstattung“ der Schwestern ist natürlich vor allem dem neuen Plot rund um die Zombies geschuldet. Steers geht bei Mr. Darcy (Sam Riley) sehr ähnlich vor, auch er hat in den Grundzügen denselben Charakter wie in Stolz und Vorurteil, er ist ein Schnösel, der die Bennets für Abschaum hält. So weit, so normal. Doch Mr. Darcy ist in diesem Kosmos auch noch ein gefürchteter Zombiejäger. Natürlich finden er und Elizabeth auch in dieser Interpretation zusammen – nach anfänglichen Irrungen und Wirrungen… und Zombiekämpfen.
Damit wären die Protagonisten des Filmes eigentlich abgehandelt, doch ich muss an dieser Stelle den fantastischen Matt Smith in seiner Rolle als Mr. Collins hervorheben. Diese Interpretation des langweiligen Pfarrers ist die wohl kreativste und witzigste, die ich jemals gesehen habe.

Die Zombies

Wer denkt, dass die Kreativität schon bei der Zusammenführung von zwei Stoffen, die kaum weiter voneinander entfernt sein könnten, aufhört, liegt falsch. Die Untoten, die in dieser Neuversion geschaffen werden, sind spannend, weil sie neu sind. Sie sind nicht die klassischen, hirnlosen Untoten, die sich langsam bewegen. Sie können überlegt agieren, sich organisieren und dementsprechend werden sie auch als echte Bedrohung wahrgenommen. Außerdem erfährt der Zuschauer im weiteren Verlauf des Filmes, dass sich ein Gebissener kontrollieren kann – nimmt er nur Hirn von Tieren zu sich und kein menschliches, so zerfällt er zwar körperlich, ist aber keine Gefahr für Menschen. Klingt wie eine gute Idee? Ja, ist es auch. Allerdings kommen wir jetzt zu den Gründen, wegen denen der Film dann doch nicht sehr gelungen ist.

Der Haken an der Sache

Knüpfen wir direkt wieder bei den Untoten an. Was sich zunächst kreativ und innovativ anfühlt, verläuft sich leider in verschenktem Potential. Auf die Möglichkeit, als “Untoter“ in der Gesellschaft zu leben, wird kaum eingegangen, es wird einmal als netter Nebeneffekt erwähnt, aber nicht weiter auserzählt, wie ein solches Zusammenleben wohl aussehen könnte. Und das bleibt leider nicht der einzige Aspekt, von dem man sich als Zuschauer wünscht, dass er mehr beachtet wird: So sieht Elizabeth beispielsweise eine Zombie-Mutter mitsamt Zombie-Baby im Wald. Mehr über diese Figuren erfahren wir jedoch nicht, denn sofort wird auf Schwarz geblendet und die Haupthandlung geht weiter. Und was hat es mit der offensichtlich untoten Tochter von Lady Catherine de Bourgh (erneut grandios gespielt von Lena Headey) auf sich? Statt aus den sowieso schon wenigen Szenen mit dieser Figur einfach nur billigen Klamauk zu machen, hätte Steers hier eine interessante und ungewöhnliche Hintergrund-Story einflechten können.

Außerdem muss ich ganz ehrlich sagen, dass Stolz und Vorurteil und Zombies einfach nicht meinen persönlichen Humor trifft. Denn der soll in diesem Film vor allem dann entstehen, wenn Dialoge im O-Ton aus Stolz und Vorurteil übernommen, aber in eine Schlacht mit Untoten eingefügt werden. Ein anderes Beispiel: Der Film startet damit, dass er den berühmten Anfangssatz des Romanes – „Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau“ – zu folgendem Unsinn umschreibt: „Es ist eine allseits anerkannte Wahrheit, dass ein Zombie, der einmal menschliches Hirn gekostet hat, nach noch mehr Hirn verlangt“. Es mag Menschen geben, die dies witzig finden, ich gehöre nicht dazu. Aber ich glaube hier liegt ein ganz entscheidendes Problem: Zuschauer, die dieser Humor – und dementsprechend auch irgendwie der Film – ansprechen soll, müssen eben sehr vertraut mit dem Ausgangswerk sein. Jemand, der noch nie den Roman von Jane Austen gelesen hat, wird kaum merken, dass Steers Dialoge hieraus entnimmt und in einen neuen Kontext setzt.

Je länger der Film läuft, umso eindeutiger wird, dass Steers nicht genau wusste, was er eigentlich für einen Film machen will: Will er sich auf die Untoten, die Liebe oder die Action konzentrieren? Was soll im Vordergrund stehen? Und so kommt es, dass der Zuschauer sich in einem Film wiederfindet, der – trotz kreativer und verrückter Idee – einfach nicht so recht funktionieren will. Die einzelnen Handlungsstränge verschmelzen nicht zu einem großen Ganzen, auch wegen der Figuren. Wenn ein Film sich auf der einen Seite so sehr auf die Vorlage konzentriert und Figuren ohne Anpassungen aus dem Ursprungswerk übernimmt, auf der anderen Seite allerdings verpasst, ihnen genug Raum zu geben, damit ihr Charakter in seiner Vollständigkeit auch ausgespielt werden kann, wirkt dies schlicht fehlgeschlagen. Bestes Beispiel hierfür sind die beiden zentralen Liebesgeschichten: Die Romanze zwischen Bingley und Jane lässt schmerzlich an der Tiefgründigkeit des Ausgangswerkes vermissen und immer, wenn so etwas wie Chemie zwischen Darcy und Elizabeth aufzukommen scheint, funkt ein Untoter dazwischen.

Fazit

Stolz und Vorurteil und Zombies ist eine Verbindung aus Weltliteratur und Horror. Für mich persönlich funktioniert diese Mischung leider nicht, zu sehr kenne und liebe ich das Original, um mich auf diese Version einlassen zu können. Menschen, die den Roman von Jane Austen jedoch nicht kennen oder nicht ganz so vernarrt in ihn sind wie ich, können mit diesem Film vielleicht Spaß haben. Wenn man sich nicht nur auf eine Neuinterpretation des Literaturklassikers, sondern auch des Zombie-Genres mit einigen Trash-Aspekten einlassen kann und keine Lust auf einen anspruchsvollen Film hat, könnte man hier genau richtig sein. Ich persönlich würde Menschen, die sich nach Liebe und Zombies sehnen, eher Warm Bodies empfehlen.

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