Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu | Komm und schnapp sie dir!

Mit Pokémon: Meisterdetektiv Pikachu erschien am 09. Mai 2019 der erste Realfilm des Pokémon-Franchises. Er basiert lose auf dem gleichnamigen Videospiel. Und was soll ich sagen? Ich glaube, wenn man in einem 105-minütigen Film fast durchgehend grinst und glücklich ist, ist das ein sehr, sehr gutes Zeichen.

Aber von vorne: 1996 hat alles angefangen. Mit dem Release des ersten Spiels stößt Nintendo eines der einflussreichsten und beliebtesten Franchises der Welt an. Rechnet man die Verkaufszahlen aller Pokémon-Videospiele zusammen, so kommt man weltweit auf über 200 Millionen. Diesem Erfolg verdanken wir eine Anime-Fernsehserie, ein Sammelkartenspiel, zahlreiche Merchandise-Produkte und eben auch seit 1998 ganze 21 Kinofilme. Aber worum geht es denn nun in Meisterdetektiv Pikachu?

Kurz und knapp

Als Tim Goodman (Justice Smith) erfährt, dass sein Vater Harry bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, begibt er sich in dessen Wohnung nach Ryme City. Hier trifft er auf ein Pikachu. Doch irgendetwas ist seltsam, denn das Pokémon und der Junge können einander verstehen! Gemeinsam finden sie heraus, dass Harry in seiner Arbeit als Detektiv kurz vor dem Aufdecken einer großen Intrige stand. Sie beschließen, herauszufinden, was hinter den mysteriösen Geschehnissen in der Stadt steckt.

Die persönliche Note

Bevor es, wie gewohnt, zu einem Abwägen der positiven und negativen Aspekte des Films kommt, muss ich an dieser Stelle einhaken. Ich glaube nämlich, dass die Verbindung zu einem Franchise selten so wichtig bei der Bewertung eines Filmes war, wie jetzt bei Meisterdetektiv Pikachu. Ich gehöre zu der Altersgruppe, die mit Pokémon aufgewachsen ist und den Hype von Anfang an miterlebt hat. Ob Sammelkarten, Gameboy-Spiele oder die Anime-Serie – ein Großteil meiner Kindheit wurde durch die kleinen Monster geprägt. Dementsprechend gehe ich mit einem ganz anderen Gefühl in diesen Film, als jemand, der vorher noch nie etwas mit Pokémon zu tun hatte. Zu sagen, dass ich bei der Nachricht, dass eine Realverfilmung produziert wird, Vorfreude empfunden habe, wäre untertrieben. Trotzdem versuche ich natürlich so objektiv wie möglich in der folgenden Kritik zu sein. Auch, wenn die Tierchen in Meisterdetektiv Pikachu einfach zuckersüß und niedlich sind.

Was stört an Meisterdetektiv Pikachu?

So gerne ich es auch sagen würde, aber Meisterdetektiv Pikachu ist bei weitem nicht ohne Fehler. Das größte Problem findet sich in der Altersfreigabe ab 6 Jahren. Natürlich will das produzierende Studio Warner Bros. Picture auf diese Art sicherstellen, dass nicht nur die Generation, die damals mit Pokémon aufgewachsen ist, als mögliche Zielgruppe in Frage kommt, sondern auch die Kleineren. Und leise hört man die kleinste Violine der Welt erklingen… Leider ergeben sich aus dieser Entscheidung einige Probleme.

So spürt man durchgehend, dass Ryan Reynolds, der Pikachu spricht und spätestens seit Deadpool für seinen nicht jugendfreien Humor gefeiert wird, so gerne so viel weiter mit dem Pokémon gegangen wäre, sich aber durchgehend zurückhalten musste. Klar, Pokémon ist nicht Deadpool und sollte dementsprechend auch anders behandelt werden. Das Problem ist aber, dass Ryan Reynolds inzwischen so stark verbunden mit seiner Interpretation des Anti-Helden ist, dass es einfach schwer fällt, diesen krassen Humor von ihm zu trennen. Und es gibt Momente im Film, da kann man auch förmlich die Diskussionen während der Synchronisation hören:

Warner Bros.: „Nein, Ryan, so können wir das nicht sagen! Der Film ist ab 6!“

Ryan Reynolds: „Aber es wäre doch witzig, wenn…“

Warner Bros.: „Ab 6!!“

Dementsprechend fällt der Humor leider etwas unschuldiger und flacher aus. Er funktioniert dennoch. Die Vorstellung, einen fluchenden Pikachu zu haben, macht es nur etwas weniger spektakulär.

Weitaus schlimmer wirkt sich die Altersfreigabe auf den Plot aus. Natürlich erzählt Meisterdetektiv Pikachu keine herausragende Thriller-Story. Es ist ein Pokémon-Film, kein Alfred Hitchcock. Und das ist auch völlig okay so. Allerdings merkt man, dass Regisseur Rob Letterman die Handlung gerne noch etwas mehr ausgeschmückt hätte. So bekommen wir einige Twists präsentiert und Charaktere von Figuren ändern sich – und entsprechend auch ihre Wahrnehmung durch den Zuschauer. Und dann fällt den Verantwortlichen wieder ein, dass man die Story nicht zu komplex machen darf, immerhin müssen es ja auch die Kleinen verstehen können. Das ist schade und nimmt an manchen Stellen den ordentlich aufgebauten Schwung aus der Geschichte heraus.

Die Zusammenführung von Generationen ist immer schwierig. Entscheide ich mich dazu, einen solchen Film erst ab 12 oder sogar erst ab 16 Jahren freizugeben, verliere ich eine ganze Menge potentielle Geldeinnahmen, weil eben nicht alle Fans des Franchises angesprochen werden. Auf diese Art und Weise wäre der Film aber eventuell noch ikonischer geworden. Wie auch immer: Die Entscheidung, mit Pokémon einen Familienfilm zu machen, ist gefallen.

Diese Mängel sind mir persönlich aber auch erst beim Nachdenken über den Film eingefallen, denn schaut man sich diesen an, so ist man einfach durchgehend überwältigt und begeistert von der Welt, die hier geschaffen wurde.

Was macht Spaß?

Das mag sich im ersten Moment jetzt etwas banal anhören, aber diese Frage kann ziemlich leicht beantwortet werden mit: die Pokémon. Es wird noch ausführlicher, also bleibt bei mir.

Die Handlung des Films spielt zum größten Teil in Ryme City. Das Besondere an dieser Stadt ist, dass hier Pokémon und Menschen Seite an Seite leben. Das Fangen von und Kämpfen mit den kleinen Monstern ist verboten. Und so kommt es, dass wir eine große Metropole mit ihren tausenden menschlichen und nicht-menschlichen Einwohnern präsentiert bekommen.

Von der Machart sieht diese Kombination einfach nur fantastisch aus. Es ist wirklich unfassbar, was dank der Technik heutzutage alles möglich ist. Natürlich könnte man jetzt sagen, dass man ein solches Niveau von einem so großen Studio wie Warner Bros. auch erwartet und es ja gar nicht anders sein könnte. Die Leute, die so argumentieren, haben scheinbar nichts von der Debatte um den neuen Sonic-Trailer gehört. In der Produktion dieses Films steckt mit Paramount immerhin auch ein nicht gerade kleines Studio drin und die haben das alles nicht ganz so gut hinbekommen.

Aber weiter mit Meisterdetektiv Pikachu. Die Gestaltung der Stadt hat noch einen weiteren Vorteil: Wir bekommen unendlich viele Pokémon zu Gesicht. Glumanda, Schlurp, Evoli und – mein absoluter Favorit – Fukano laufen hier durch die Straßen. Man kommt aus dem Zeigen und Staunen gar nicht mehr heraus. Und währenddessen hat man die ganze Zeit ein Grinsen im Gesicht. In diesen Moment macht der Film einfach nur Spaß. Aber wir bekommen nicht nur niedliche Tierchen ohne irgendeine Art von Sinn und Zweck präsentiert. Die Gestaltung von Ryme City ist auch deshalb so gelungen, weil gezeigt wird, wie kooperativ und geradezu organisch das Zusammenleben hier ist. Da hilft das vierarmige Machomei den Polizisten beim Regeln des Verkehrs, während Schiggys die Feuerwehr beim Löschen eines Brandes unterstützen. Alles wirkt wie selbstverständlich.

Und das ist auch außerhalb des gezeigten Alltags der Fall, denn Rob Letterman ist es gelungen, immer die perfekte Umgebung für das Inszenieren eines Pokémons zu wählen. Beim Verfolgen einer Spur treffen Tim und Pikachu beispielsweise auf ein Pantimos. Sie gehen davon aus, dass dieses Pokémon ihnen Informationen zu ihrem Fall mitteilen kann. Es folgt ein Verhör, in dem die Tatsache, dass Pantimos nicht spricht, sondern nur gestikuliert, hervorragend ausgespielt wird. Hervorzuheben ist bezüglich der einwandfreien Gestaltung noch Glurak. Wo könnte es besser auftreten, als bei illegalen Underground-Fights? Das Monströse und Gefährliche an diesem Pokémon kommt in diesem Setting perfekt zum Vorschein.

Aber der Held des Filmes ist natürlich Pikachu – auch wenn er durch Enton an manchen Stellen fast die Show gestohlen bekommt. Und es muss an dieser Stelle noch einmal gesagt werden: Was hier an Effekten ausgepackt wurde, ist schlicht unfassbar. In jeder einzelnen Aufnahme ist Pikachu bis ins allerkleinste Detail gestaltet, wir sehen, dass der Pelz aus kleinsten Härchen besteht und erkennen jede minimale Regung im Gesicht. Viel wichtiger ist jedoch: Rob Letterman gelingt es, dem Pokémon einen echten Charakter zu verleihen. Es ist verrückt, aber nach nur wenigen Minuten möchte man am liebsten in die Leinwand greifen, Pikachu schnappen und mit sich nach Hause nehmen, um dort entspannt mit ihm abzuhängen, so liebenswürdig und niedlich wird es gezeichnet. Man ist fast neidisch auf den Protagonisten Tim.

Fazit

Nein, Meisterdetektiv Pikachu ist kein perfekter Film, wenn man die Tatsachen ganz logisch aufbereitet: Wir haben einen Plot, der unter den Vorgaben des Studios leidet. Die Detektiv-Geschichte kommt in der gesamten Story etwas zu kurz. An manchen Stellen macht die Handlung einfach keinen Sinn. Und so weiter…

Aber – und hier knüpfen wir wieder bei der Wichtigkeit der persönlichen Verbindung zum Franchise an: All das ist total egal! Viele Zuschauer werden in diesem Film einfach ihre Kindheit mitsamt all ihrer Helden sehen. Und so ging es mir auch. Ich bin begeistert von der Qualität des Realwelt-Settings und der liebevollen Gestaltung der Pokémon.

Was nehmen wir also aus dieser Kritik mit? Menschen, die mit Pokémon vorher noch nie etwas am Hut hatten, werden auch mit Meisterdetektiv Pikachu nichts anfangen können. Zu sehr lebt dieser Film von der Verbindung, die man mit dem Franchise hat. Und zu viele Mängel hat er, als das er auch Nicht-Pokèmon-Fans begeistern könnte. Ich bin mir jedoch relativ sicher, dass alle, die an Pokémon ihren Spaß haben und nicht ganz fremd in dieser Welt sind, trotz vieler Fehler, großes Vergnügen mit Meisterdetektiv Pikachu haben werden.

 

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s