Netflix veröffentlicht am 11. April 2019 die Zombie-Serie Black Summer. In 8 Episoden, die zwischen 44 und nur 20 Minuten lang sind, sollen wir als Zuschauer erschrecken, vor Spannung den Atem anhalten und mit den Figuren mitfühlen. Was wir aber vor allem tun, ist leiden…
Es ist wohl kein Zufall, dass der Streaming-Dienst so kurz nach dem Finale der 9. Staffel The Walking Dead mit einer Serie rund um eine Zombie-Seuche an den Start geht. Da wollte wohl jemand die begeisterten Fans von Untoten und Apokalypsen ansprechen. Und das ist auch völlig legitim. Man muss seine Produkte schließlich den Wünschen des Konsumenten anpassen. Aber was bei Black Summer herausgekommen ist, dürften wohl wirklich die wenigsten als Bereicherung des Genres ansehen.
Kurz und knapp
In einer ländlich wirkenden Gegend der USA bricht eine Seuche aus. Die von ihr Betroffenen werden zu Untoten und greifen alle Menschen an, die in ihrer Nähe sind. Das Ziel der Überlebenden? In ein Stadion zu gelangen. Hier sollen sie mit Helikoptern gerettet und evakuiert werden. Von dem gemeinsamen Ziel des Überlebens getrieben, finden sich Fremde schnell in Gruppen zusammen. Der Zuschauer durchlebt die Zeit kurz nach dem Ausbruch mit einer Handvoll Figuren.
Die Machart
Black Summer verfolgt ein interessantes Konzept. Die Serie startet unvermittelt und ohne Erklärung, der Zuschauer wird direkt in die Apokalypse hineingeworfen. Der schnelle Start macht Spaß, wir bekommen keine große Einführung, sondern fühlen uns dem Geschehen direkt sehr nah.
Dann wird es jedoch problematisch: Der Zuschauer verfolgt nicht etwa den Weg einer einzelnen Figur zu der finalen Destination des Stadions, sondern den mehrerer. Die Charaktere sind allerdings nicht in einer großen Gruppe unterwegs, sondern getrennt voneinander oder in kleineren Runden, die auch noch die Mitglieder untereinander wechseln.
Erschwert wird das Folgen dieses Szenarios zudem noch durch die nicht-lineare Erzählart. Wir starten nicht an einem Punkt und enden an einem anderen, sondern erleben viele Szenen mehrmals aus der Sicht verschiedener Figuren, von denen wir fast schon wieder vergessen hätten, dass diese miteinander unterwegs sind oder sich gerade am gleichen Ort aufhalten.
Diese Kombination führt schließlich dazu, dass der Zuschauer schlicht den Überblick verliert – wenn er ihn denn überhaupt jemals findet. Alles wirkt sehr wirr und unsortiert und ist dementsprechend eher anstrengend zum Anschauen, schließlich muss man fast durchgehend überlegen, wer jetzt wer ist und wie Person A zu Person B steht. Diesem Wirrwarr zu folgen, wäre vielleicht noch möglich, wenn sich eine Folge mit einer Figur oder einer Gruppe auseinandersetzen würde, doch auch innerhalb der sowieso schon sehr kurz geratenen Episoden springen wir munter hin und her.
Abgetrennt werden die einzelnen Sequenzen von Zwischentiteln. Dieses filmische Mittel wirkt derart fehl am Platz, dass man dahinter nur einen pseudo-intellektuellen Trick vermuten kann, der die Serie bedeutungsvoller erscheinen lassen soll, als sie im Endeffekt ist.
Wer an dieser Stelle nicht bereits den Spaß an der Story verloren hat, dem sei mitgeteilt, dass der Großteil der Serie im Shaky-Cam-Stil gefilmt ist. Und so ruckelt der Zuschauer mit den Figuren durch die Apokalypse. Gefühlt sind Videos von YouTubern schöner anzusehen als Black Summer.
Die Untoten
Man kann Black Summer vieles vorwerfen, aber die Zombies sehen wirklich ordentlich aus. Die Maske und das Kostüm haben hier ganze Arbeit geleistet, in diesem Aspekt kann die Serie überzeugen. Hinzu kommt, dass die Macher ihre Monster im Grundstein als wirkliche Bedrohung entworfen haben: Sie können schnell rennen, sogar klettern. Und sie reagieren nicht nur auf Geräusche, sondern auch auf Bewegungen. Diese Zombies sind keine verrottenden, gedankenlosen Kreaturen, die leicht zu bewältigen sind.
Leider kommen wahre Schockmomente viel zu kurz, eingefleischte Fans des Genres werden keine Szene erleben, in denen die Untoten sie das Gruseln lehren. Vor allem die schnelle Wandlung von Verstorbenen zu Zombies hätte hier mehr hergegeben, leider wird dieses interessante Konzept jedoch größtenteils unbemerkt gelassen.
Neues hat die Serie nicht zu dem beliebten Genre beizutragen, aber die bereits bekannten und etablierten „Charakterzüge“ der Untoten werden gut umgesetzt. Die Figuren sind gefühlt immer im Visier eines Zombies… das Problem ist nur, dass es niemanden interessiert, ob sie sterben oder überleben.
Die Figuren
Man möchte schreien, so furchtbar klischeehaft und nervig sind die Überlebenden, die wir auf ihrem Weg ins Stadion begleiten. Unter anderem bekommen wir die nervige Moraltante, den aufbrausenden Latino, den mysteriösen Draufgänger und die nicht Englisch sprechende Koreanerin präsentiert. Entschuldigung, die 80er haben angerufen und hätten gerne ihre Standardcharaktere zurück.
Es fällt wirklich schwer, in diesem ganzen Haufen eine Figur zu finden, mit der man mitfiebert und der man wünscht, dass sie überlebt. Der Grund hierfür ist sehr einfach zu benennen: Wir bekommen zu kaum einer Rolle Hintergrundinformationen. Dementsprechend fällt es schwer, eine emotionale Bindung aufzubauen.
Am besten kann der Zuschauer dies noch zu Rose, die bekommt am Anfang der Serie aber auch das, was am ehesten einer Charaktereinführung gleicht. So wissen wir von ihr immerhin, wieso sie ins Stadion gelangen will, nämlich um ihre Tochter, die dort auf sie wartet, wiederzufinden. Ihr Weg macht für uns am meisten Sinn, ihren Antrieb verstehen wir. Dementsprechend wäre es auch nachvollziehbar, wenn Rose als Hauptfigur inszeniert wird und zu Beginn erfüllt die Serie auch diese Erwartung. Doch dann kommt sehr schnell die Verwirrung, denn Rose wird weder Anführerin einer kleinen Gruppe noch bekommt sie mehr Screen Time als die anderen Überlebenden. Sie geht immer mehr in der Masse unter.
Aber immerhin bekommt sie eine kleine Hintergrundgeschichte, das hat sie den anderen Protagonisten voraus – herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle, sollte sich irgendjemand auch nur einen Namen der Restgruppe merken können. Und wieso sollte es den Zuschauer dann interessieren, ob diese Menschen überleben oder zerfleischt werden? Die Charaktere sind schlicht und einfach viel zu flach und unliebevoll gezeichnet.
Hinzu kommt, dass man keinem der Charaktere tatsächlich zutraut, so lange in dieser Apokalypse zu überleben. Es wirkt geradezu absurd, wie sie durch diese neue Welt spazieren, ohne auch nur ein Objekt zur Verteidigung gegen die Zombies in der Hand zu halten. Greift dann doch mal einer nach der Axt, so ist er zu unfähig, um diese zu schwingen und verhakt sich in umherstehenden Gegenständen – kein Scherz.
Das könnte allerdings auch die Erklärung dafür sein, dass wir die Figuren hauptsächlich wegrennen sehen, selten kommt es zur Auseinandersetzung zwischen den Untoten und den Lebenden. Das ist natürlich auch eine Strategie, vielleicht sogar die realistischere. Wenn man allerdings eine Serie inszeniert, bei der keine der Figuren durch eine große Tat heraussticht, sondern alle immer nur am Fliehen sind, wird das schnell langweilig. Ein bisschen Konfrontation wäre doch schon nett. Wir sehen die Überlebenden also rennen und rennen und rennen, manchmal wird es sogar ganz verrückt und die Figuren verstecken sich vor ihren Angreifern.
Dass hier vielleicht tatsächlich etwas fehlt, haben wohl auch die Macher bemerkt, denn pünktlich zum Finale sind plötzlich alle diese vorher noch so unnützen Charaktere Kampfexperten. Wie sie schreiend aus ihren Maschinenpistolen feuern, ist einfach zum Tränen lachen.
So funktioniert gutes Storytelling leider nicht. Man kann Figuren nicht mit dem Ansatz einführen, dass keine von ihnen auch nur den geringsten Überlebensinstinkt zu verspüren scheint, und sie dann auf einmal zu erprobten Zombiekillern heraufstufen.
Fazit
Wer Lust am riesengroßen Trash hat, sollte Black Summer eine Chance geben. Wer allerdings eher auf eine ausgeklügelte Zombie-Geschichte mit nachvollziehbaren Figuren steht, dem sei gesagt: FINGER WEG! Black Summer konnte mich leider nicht überzeugen, zu ernst hat sich die Serie genommen, zu humorlos die Geschichte und ihre flachen Charaktere inszeniert. Mein Rat: Wer Lust auf Untote hat, sollte sich lieber einige Episoden von The Walking Dead anschauen oder direkt zu grandiosen Klassikern wie 28 Days Later, Dawn of the Dead oder Train to Busan greifen. Damit hat man sicherlich mehr Spaß.
Also ich hatte keine Probleme den Figuren zu folgen.
Das einige Szenen aus verschiedenen Blickwinkeln mehrfach erzählt wurden, machte auf mich einen guten Eindruck.
Es waren nur 8 Folgen und es ist die Vorgeschichte zu „Z Nation“.
Während ich diese Staffel durchgebinged hatte, habe ich vei der Voirgeschichte zu Walking Dead – „Fear the Walking Dead“ mit Ach und Krach die erste Staffel zu Ende gebracht. die Charaktere taugten ja gar nix. Bei Black Summer würde ich eine 2. Staffel sofort schauen. Bei FtWD habe ich abgebrochen… Die bringt es nicht.
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Es viel mir wirklich schwer, den Figuren zu folgen. Wahrscheinlich einfach, weil ich überhaupt nicht mit ihnen warm geworden bin. Wenn dir das hingegen gelungen ist, dann verstehe ich auch, weshalb du in den Machart keinen Schwierigkeiten begegnet bist. Ist eben alles subjektiv 🙂
Bei FtWD bist du dann weiter gekommen als ich, ich glaube, ich habe ungefähr 3 Folgen geschaut und dann entnervt aufgegeben.
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Bei FtWD hatte ich die Hoffnung, es würde besser werden… ich hätte auch besser nach 3 Folgen aufgehört 🙂
Sogar TWD ging mir auf die Nerven. Hab ewig gebraucht, die 8. Staffel zu beenden und habe die 9. Staffel dann doch noch normal durchgezogen.
Ich bin ein großer Fan von Z Nation. Innovative Zombies, herrlich schräge Charaktere und die nehmen sich nicht wirklich ernst. Das macht Spaß. Daher bin ich wohl mit einer ganz anderen Erwartung an Black Summer heran gegangen.
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